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Das neue Value Investing

Wir alle lieben Schnäppchen. Von einem Schnäppchen sprechen wir immer dann, wenn es uns gelungen ist, für eine Sache weniger zu bezahlen, als sie tatsächlich wert ist. Genau darum geht es beim „Value Investing“: Wertpapiere ausfindig zu machen, deren Marktpreis unter dem Wert der Anlagen des Unternehmens liegt, das sie ausgegeben hat.

Die Theorie wurde von Benjamin Graham und David Dodd 1934 vorgestellt. Warren Buffett zählte zu den Schülern Grahams und hat stets die Grundsätze des Value Investments angewandt. Er ist damit bekanntlich sehr reich geworden.

In einem optimalen Markt würde sich ein Aktienpreis natürlich immer so errechnen:

Aktienpreis = Firmenwert / Anzahl der Aktien. 

In der Realität werden Preise jedoch über Angebot und Nachfrage gebildet und daraus entstehen jene Differenzen zwischen dem inneren Wert und dem Preis einer Aktie, die der Value Investor ausfindig machen will.

Solche unterbewerteten Trüffel zu finden, ist eine der liebsten Beschäftigungen von Kapitalistenschweinen. Zum Aufspüren dieser Schnäppchen stehen eine Reihe von Indikatoren zur Verfügung. Der bekannteste davon dürfte das Kurs / Gewinn Verhältnis sein, wesentlich aussagekräftiger sind allerdings die Robustheit des Geschäftsmodells, Wettbewerbsvorteile und die Qualität des Managements. Ihr seht, das Ganze ist eine ziemliche Wühlarbeit. 

Bewertung von Krypto Assets

Wir haben es hier mit einer ziemlich neuen Asset-Klasse zu tun. Bitcoin ist der älteste Spieler auf dem Feld, gefolgt von Ethereum und diese beiden zusammen machen über die Hälfte des gesamten Marktkapitals aus. Beim Bitcoin können wir auf Marktdaten von 13 Jahren zugreifen, bei Ethereum auf gerade mal 7 Jahre.

Beide Projekte sind noch weit davon entfernt, das zu erreichen, was sie sich zum Ziel gesetzt haben. 

Bitcoin ist noch keine weltweit akzeptierte Währung und Ethereum hat noch einen weiten Weg vor sich, bevor es zu dem universalen Supercomputer wird, als der es erdacht wurde. 

Wir wissen nicht einmal, ob diese ehrgeizigen Ziele je erreicht werden! Noch steht das alles in den Sternen

Der innere Wert eines Krypto Projektes ist ungleich schwieriger herauszufinden, als jener eines Wertpapiers. Wenn es ihn überhaupt gibt, ist er starken Schwankungen unterworfen. Der gesamte Markt wird noch zu sehr vom Prinzip Hoffnung angetrieben. Weniger schön formuliert, von der Gier auf hohe Gewinne. Am Aktienmarkt notierte Unternehmen bieten real existierende Güter oder Dienstleistungen an. Es gibt Gewinn-und Verlustrechnungen, öffentlich einsehbare Bilanzen und Quartalsberichte und Publikationen in der Fachpresse. Zu guter Letzt hilft uns auch noch der Blick auf die historische Preisentwicklung. Das ist übrigens die einzige Gemeinsamkeit mit unseren Krypto-Assets.

Der Wert eines Krypto Assets läßt sich nicht anhand vorliegender Fundamentaldaten berechnen. Jeder Versuch das zu tun ist rein spekulativ.

Doch keine Angst vor dem Wort, jede Investition, die wir aus der Erwartung eines Gewinns tätigen, ist spekulativ. Je klarer die Datenlage, desto weniger Risiko besteht und umso geringer wird der Gewinn ausfallen. Je mehr Risiko, desto höher der Gewinn.

Deswegen fällt der Wertzuwachs von Coca-Cola und Nestlé Aktien auch vergleichsweise mager aus. Der Preis der Rheinmetall Aktie hat sich dagegen allein im Februar 2022 verdoppelt. Rheinmetall produziert Waffen und es läßt sich an allen zehn Fingern abzählen, dass diese Produkte in Zukunft gefragter sein werden. Wissen konnte man das nicht, bevor Putin die Grenze zur Ukraine überschritten hat, informierte Kreise werden jedoch genau darauf spekuliert haben.

Ähnlich, jedoch bedeutend weniger zynisch, verhält es sich mit Krypto-Investments. Wir können nur darauf spekulieren, welche Lösungen gefragt sein werden und welche Coins diese am effizientesten anbieten können. Das werden die großen Gewinner sein, die nächsten Google und Netflix.

Zum Glück stehen wir mit dieser Aufgabe nicht völlig im Dunkeln. Wir können anhand der uns zur Verfügung stehenden Daten eine ganze Reihe von Kandidaten ausschließen. Das muss wiederum nicht heißen, dass sich mit Projekten, die bei meiner Prüfung glatt durchfallen, nicht trotzdem enorme Gewinne erzielen ließen.

Ein Tweet von Elon Musk und schon schießen die Kurse von Doge und Shiba nach oben. Mit den Grundsätzen des Value Investment hat so etwas jedoch nicht im Geringsten zu tun.

Welches Problem löst das Ding?

Krypto Werte (Coins und Token) werden in der Regel dafür geschaffen, ein Problem in einer bestimmten Branche mit Hilfe der Blockchain oder einer verwandten Technologie zu lösen. 

Ethereum möchte eine weltweite Plattform für Transaktionen werden. Mit Hilfe, sich automatisch erfüllender Verträge, ergibt sich hier ein ungeahntes Potenzial für Automatisierung und Rationalisierung. Auch die Sicherheit der Transaktionen wird enorm verbessert, Blockchain Einträge lassen sich (praktisch) nicht fälschen. Im Prinzip ließe sich der gesamte Handel der Welt über die Ethereum Blockchain abwickeln und das einfacher und sicherer.

Einziges Problem dabei: Das Ganze ist noch unglaublich langsam und die Transaktionsgebühren sind absurd hoch. Schon ein paar Hunderttausend Transaktionen bringen das System noch an den Rand des Zusammenbruchs.

An der Lösung dieser Probleme arbeiten nicht nur die Entwickler des Ethereum Projekts, sondern es sind rund um Ethereum eine Reihe eigenständiger Projekte entstanden, die dabei helfen die Belastung der Ethereum Blockchain zu verringern, indem sie bestimmte Aufgaben eigenständig ausführen. Diese werden „Second Layer Projekte“ genannt. 

Rund um Ethereum entsteht ein ganzer Kosmos von sekundären Anwendungen und dabei handelt es sich um durchaus sinnvolle Projekte. Parallel zu Ethereum gibt es eine ganze Reihe anderer Projekte, welche von sich behaupten, gleich von vorne herein alles besser zu können. Wir werden sehen, welche davon sich durchsetzen.

Ein Coin, der keine eindeutige Funktion hat, wird auch keine Zukunft haben. 

Einige Coins, die mit großem Tamtam in sozialen Medien gefeiert wurden, sind wieder untergegangen. Am Ende stellte sich heraus, dass sie Lösungen für nicht existierende Problem waren. 

Andere Initiatoren sagen gleich dreist, dass sie größer als Bitcoin werden wollen. Ein derartiger Claim aus dem Nichts sollte uns auch eher abschrecken.

Diese Fragen solltest du daher an den Beginn jeder Recherche stellen: 

– Leistet dieses Projekt etwas Eigenständiges, oder ist es nur die Kopie eines bestehenden Coins?

  • Bringt dieser Coin einen echten Nutzen?
  • Ist dieses Projekt in absehbarer Zukunft realisierbar?

Wer steckt dahinter?

Zwei ernsthafte Konkurrenten des Ethereum Projekts wurden von Männern ins Leben gerufen, die auch bereits an der Gründung von Ethereum beteiligt waren. Beide sind im Streit über die Unprofessionalität von Vitalik Buterin aus dem Ethereum Projekt ausgestiegen und haben sich vorgenommen, ein jeweils besseres System zu schaffen. 

Ich bin auch immer wieder beruhigt, wenn ich lese, dass ein Gründer und CEO an einer Elite Universität studiert hat und danach entweder bei mehreren renommierten Firma gearbeitet, oder bereits an erfolgreichen Startups beteiligt war. 

Nicht nur, weil es sich um einen offensichtlich schlauen Kopf handelt, sondern auch weil er über das entsprechende Netzwerk und die Erfahrung verfügt, um ein seriöses Projekt voran zu bringen. 

Die Vita allein macht es allerdings auch nicht. Dr. Ruja Ignatova hat an der Universität Konstanz zum Dr. Jur. promoviert und danach weiter in Oxford studiert.  Anschließend hat sie fünf Jahre bei Mc Kinsey gearbeitet. Im Jahr 2012 geriet sie dennoch erstmals wegen Betrugs mit dem Gesetz in Konflikt. 

Zwei Jahre später hat sie dann den bisher größten Krypto Betrug mit einem Schaden von 4 Milliarden Dollar ins Leben gerufen: Ihr One Coin trat als „Bitcoin Killer“ an und ging unter.

Was taugt die Technologie?

Bei Kennern der Materie ist der One Coin Scam allerdings schon gleich zu Beginn durchgefallen, denn es gab lange Zeit kein Whitepaper. Dieses Dokument muss zu jedem Projekt existieren und sowohl dessen Zweck beschreiben, als auch die Technologie erläutern, mit deren Hilfe dieser Zweck erreicht werden soll. Existiert es nicht, oder ist es nicht öffentlich zugänglich, ist das ein sehr, sehr schlechtes Zeichen!

Ansonsten erfordert die Lektüre von Whitepapers, ein ziemlich hohes Maß an technischem Verständnis. Als Mensch des Wortes, bin ich mathematisch / technisch eher minderbegabt und muss mich bei der Analyse der Technologie auf seriöse sekundäre Quellen verlassen. 

Diese sind, vor allem auf YouTube, durchaus verfügbar und schon nach wenigen Stunden Video-Konsum wird sogar mir klar, ob es sich hier um einen neuen Hype handelt, oder um ein wirklich bahnbrechendes Projekt. Manche schaffen es vielleicht bedeutend schneller.

Wer redet darüber?

Damit auch jeder weiß, dass dieses eine unter 15.000 weiteren.  Projekten über die absolut bahnbrechende Technologie verfügt, ist es enorm wichtig, dass möglichst viele Menschen darüber reden – und zwar in den sozialen Medien. 

Je stärker und aktiver die Community, desto größer sind die Chancen, dass sich zuerst neue Investoren finden, dann neue Entwickler und am Ende möglichst viele Anwender. Das ist die Leiter des Erfolgs. 

Wer nicht wirbt, der stirbt, hieß es früher. Heute heißt es eher: Wenn niemand über dich redet, bist du schon tot. Ein fähiger Social Media Manager ist daher wohl ebenso wichtig wie geniale Entwickler. 

Die Medienpräsenz eines Projektes, ist heutzutage ein echter Value-Faktor. 

Wo kann ich den Coin kaufen?

Hat es ein Projekt erst einmal zu einem Listing bei Coinbase und Kraken geschafft, darfst du es für durchaus seriös halten. Was allerdings noch keine Garantie für seinen späteren Erfolg bedeutet.

Lediglich Scams und ausgesprochene Hype-Coins  schaffen es nicht, die recht strengen Anforderungen dieser etablierten Krypto Börsen zu erfüllen. 

Viele neue, durchaus viel versprechende, Projekte müssen sich diese Aufnahme erst noch verdienen und sind bis dahin nur über kleinere Exchanges, oder sogar nur über dezentralisierte Handelsplätze erhältlich. 

Das ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits suchen wir nach genau solchen verborgenen Juwelen, die noch niemand kennt. Andererseits besteht jedoch auch das Risiko, dass diese bei einer dieser kleinen, obskuren Börsen so lange weiter im Verborgenen blühen, bis sie verwelken und absterben.

Zahlenwerk

Selbst wenn der Wert des solchen „Juwels“ plötzlich um 2.000% steigt, ist das noch lange keine Garantie dafür, dass du diesen Gewinn auch einfahren kannst. 

Gerade auf den kleinen Börsen gibt es dafür nämlich nicht genügend Handelsvolumen. Ich musste selbst einmal erleben, wie ich mit jeder kleinen Verkaufsorder den Preis um bis zu 20% nach unten getrieben habe. Weil sich nicht genügend Käufer zum Marktpreis fanden, sank dieser einfach immer weiter.

Liquidität und Handelsvolumen sind Teil der sogenannten Tokenomics. Das sind, einfach ausgedrückt, alle Faktoren, die auch nur im Entferntesten mit dem Wert eines Krypto-Tokens zu tun haben. Hier die wichtigsten:

– Zuteilung und Verteilung der Coins

Die meisten Krypto-Projekte werden heutzutage mit bereits erstellten Coins angeboten. Überprüfe daher, ob es eine Wallet gibt, die einen erheblichen Prozentsatz des zirkulierenden Coin-Vorrats hält, hier besteht das Risiko, dass derjenige seine Bestände abstößt und der Preis des Coins in kürzester Zeit sinkt.

– Umlaufkapital und Gesamtbestand

Das Umlaufkapital eines Coins ist die Anzahl der Einheiten, die derzeit im Umlauf sind. Wenn diese von den Projektentwicklern im Laufe der Zeit regelmäßig erhöht wurde, wird der Wert des Coins sehr wahrscheinlich in Zukunft steigen. Werden hingegen zu viele Coins auf einmal oder zu häufig ausgegeben, kann der Wert des Coins dadurch sinken.

– Marktkapitalisierung

Die Marktkapitalisierung eines Coins zeigt den Gesamtbetrag, der bisher in das Projekt investiert wurden. Neben der Marktkapitalisierung kannst du auch die theoretische Marktkapitalisierung betrachten, welche entsteht wenn sich maximale Anzahl der Coins im Umlauf befindet.

Hier zeigt sich schnell, dass viele Preisprognosen absolut unrealistisch sind

– Inflationär oder deflationär

Ein inflationärer Coin (wie Fiat-Geld) hat kein maximales Angebot und es werden im Laufe der Zeit immer weitere Einheiten „gedruckt“. Ein deflationäres Coin-Modell ist genau das Gegenteil.  Es gibt eine unverrückbare Obergrenze, wie die 21 Millionen Stück bei Bitcoin. Die meisten Proof-of-Stake-Coins wie Ethereum sind dagegen inflationär, um die Validierer und Delegierer im Netzwerk zu belohnen. 

Neuerdings werden auf der Ethereum Blockchain bei jeder Transaktion eine kleine Anzahl an Coins „verbrannt“, um der inflationären Entwicklung entgegen zu wirken.

Gibt es Dividenden?

Am schönsten ist es, wenn wir schon gut an unserem Investment verdienen, während wir dabei zusehen, wie es im Wert steigt. Bei Wertpapieren gibt es Dividenden, viele Krypto-Coins generieren passives Einkommen über das oben erwähnte Staking. 

Wie das funktioniert, werden wir in einem eigenen Artikel beleuchten. Hier sei lediglich erwähnt, dass sich damit zweistellige Renditen erzielen lassen.

Betrachte ich zwei Coins mit gleichen Rahmendaten, werde ich als neuer Value Investor demjenigen den Vorzug geben, der mir die höhere Dividende abwirft.

Der Mutige wird belohnt

Warren Buffett hasst Krypto, das hat er oft genug deutlich gemacht. Denn Krypto verkörpert das krasse Gegenteil seiner Vorstellung von „Value Investment“. 

Es ist einfach noch ein unreifer Markt, ohne verläßliche Kennzahlen, ohne Bilanzen und ohne lange Historie. Ein wahrer Graus für einen Investor der Alten Schule. 

Doch es ist ebenso ein wahnsinnig spannender Markt, am Pulsschlag einer industriellen Revolution. Mit entsprechend hohen Gewinnchancen. Warren Buffets Werte werden bestehen bleiben, Menschen werden weiter aufeinander schießen und in den Gefechtspausen Coca Cola trinken.

Die Art, wie das Geld dafür bewegt werden wird, dürfte sich jedoch in den kommenden Jahren dramatisch verändern. Mit der Blockchain Technologie entsteht gerade eine gigantische Industrie und mit sorgfältig ausgewählten Investments kannst du an deren Wachstum Teil haben.

Im Prinzip ist auf diesem Markt jedes, anhand der obigen Kriterien, sinnvolle Projekt ein unterbewertetes Unternehmen. Eine wahre Fundgrube für die neuen, mutigen, Value Investoren!

Benedikt Lechner

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