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Kickstart für dein Aktienportfolio

In diesem zweiten Teil stellen wir dir kurz Möglichkeiten vor, wie du praktisch in Aktien investieren kannst. Also alles über Broker, Börsen, Kaufaufträge, Stoploss und ähnliches. 

Börsen

Wie im vorigen Artikel erwähnt werden nicht alle Aktien an Börsen gehandelt. Insbesondere bei kleineren Aktiengesellschaften lohnt sich eine solche Börsennotierung häufig nicht, da Firmen viele Regularien einhalten müssen, wenn sie an der Börse gehandelt werden. Wenn wir hier über Aktien sprechen, dann geht es eigentlich immer um börsengehandelte Wertpapiere. Börsen sind dabei Marktplätze, aber anders als bei Ebay sind diese Börsen stark reguliert. Die Aktiengesellschaften müssen zahlreiche Informationen offenlegen, was Anlegern ermöglichen soll rationale Entscheidungen zu treffen. 

An den Börsen werden Kauf- und Verkaufsaufträge angenommen und gematcht und bei erfolgreichen Transaktionen werden diese registriert und der Eigentumsübergang und Zahlungsvorgang im Clearing veranlasst. Börsen publizieren auch Daten über erfolgte Transaktionen, also insbesondere wie viele Wertpapiere zu welchen Preisen den Besitzer gewechselt haben. 

Informationen für Anleger

Privatanleger bekommen diese Transaktionsdaten mit 15 minütiger Verspätung auf verschiedenen Webseiten wie zum Beispiel Yahoo Finance oder Onvista angezeigt. Die historischen Rohdaten kannst du dir als CSV Datei herunterladen und somit für viele Transaktionen in größter Granularität die Entwicklungen verfolgen. Zudem kann man auf diesen Webseiten die Charts von verschiedenen Unternehmen verfolgen. Ein noch besseres Chartingtool ist allerdings Tradingview. Ein kostenloser Account dort und du kannst umfangreiche Chartanalysen durchführen. Ein kostenpflichtiger Account entfernt die Werbung und schaltet weitere Möglichkeiten der technischen Analyse frei. Privatanleger haben nun die gleichen Werkzeuge zur Verfügung, die vorher nur Profianlegern vorbehalten waren. 

Noch wichtiger sind allerdings die Jahresberichte der Unternehmen. In den meisten Fällen sind diese 30 bis 300 Seiten lang, wobei dies auch schon einen Hinweis auf die Komplexität des Geschäftes gibt. Viele Privatanleger lesen diese Jahresberichte nicht und haben so einen klaren Informationsrückstand gegenüber anderen Anlegern. Sicher ist, dass es nicht möglich ist Jahresberichte von Hunderten von Firmen zu lesen, von daher könnte es sinnvoll sein sich auf Firmen zu konzentrieren, mit denen man sich auch gerne beschäftigen möchte und deren Zahlen besonders attraktiv erscheinen. 

Jahresberichte können auch viel über ein Unternehmen aussagen. Die Jahresberichte mancher Banken zeigen, wie komplex und unübersichtlich ihr Geschäft geworden ist und wie stark sie gleichzeitig reguliert sind. Sie müssen auf Hunderten Seiten über ihre Derivatepositionen berichten, aber gleichzeitig bleibt dennoch unklar, was wirklich vor sich geht. Insbesondere bei Banken ist es negativ, wenn vor allem von “Wachstum” gesprochen wird und nicht von “Risiko” und “Kontrolle”. Auch bei Technologiefirmen kann man sehr viel aus den Jahresberichten entnehmen. Ein sehr positives Zeichen ist, wenn diese ihre Produkte und neuen Module klar erklären können und klare Angaben zu den Nutzerzahlen und jeweiligen Umsätzen machen. Dagegen ist es ein sehr negatives Zeichen, wenn die Jahresberichte arm an Informationen aber reich an Bildern sind. Hier wurde mehr in Photoshop investiert als in das eigentliche Business und es wird oft versucht von Problemen abzulenken. Als Beispiel von Bilderreichtum kann man sich zum Beispiel die Jahresberichte von Northern Data ansehen. 

In den USA ist es zudem üblich, dass Unternehmen quartalsweise berichten und diese Quartalsberichte sind üblicherweise auch durchaus umfangreich. Hierbei werden Präsentationen vorbereitet, Analystenkonferenzen abgehalten, die man live verfolgen kann und die vollständigen Berichte können heruntergeladen werden. In den absolut seltensten Fällen kommt es zu groben Täuschungen in diesen Berichten. Wirecard und Enron sind hierbei Negativbeispiele, aber auch Ausnahmen. Die meisten dubiosen Investitionen tätigen Anleger trotz klarer Jahresberichte. Diese Berichte werden nicht gelesen oder Warnungen überlesen. 

Quartals- und Jahresberichte findest du auf der Webseite des Unternehmens, häufig unter ‘Investor Relations’. Hilfreich sind auch die oft angegebenen Vergleichsangaben des Vorjahres. 

Was dürfen Anleger

An den Börsen ist auch der Handel reguliert. Im engeren Sinne sollen alle Anleger über die gleichen Informationen zur gleichen Zeit verfügen und diese Informationen müssen öffentlich sein. Es ist also nicht erlaubt, basierend auf Insiderinformationen zu handeln. Der Grad ist hierbei schmal: Insiderinformationen sind zum Beispiel Verkaufsdaten, die ein Mitarbeiter aus dem Unternehmen zu einem Investor weiterreicht. Dagegen ist es öffentliches Wissen, wenn ein Anleger die LKWs zählt, die aus einer Fabrik fahren. Oder wenn man Verkaufsdaten von Kreditkartenfirmen einkauft um damit die Verkaufsdaten anderer Firmen herzuleiten. Findige Anleger und Fonds haben somit Möglichkeiten mit etwas Arbeit und Geld einen Informationsvorsprung zu erlangen. 

Neben Insiderinformationen gibt es auch Regeln, dass Investoren nur Aufträge eingeben dürfen, die ihren eigenen Interessen entsprechen. Wer also eine Aktie kaufen will, der sollte auch eine Kauforder eingeben. Wenn dies nicht so reguliert wäre, so könnten Privatanleger die modernen, computergestützten Handelssysteme leicht überlisten und somit zu Instabilitäten an Märkten führen. Ob man die Algofonds und Highfrequency Trader wirklich so stark vor Privatanlegern schützen muss, sei mal dahingestellt. Fakt ist, dass es einige Punkte gibt, die Privatanleger nicht machen dürfen. Ein Beispiel für solche verbotenen Taktiken ist Spoofing. Dabei werden sehr große Verkaufsaufträge eingestellt aber sofort gecancelt, so dass diese nicht ausgeführt werden können oder sie werden mit anderen Attributen versehen, so dass diese gigantischen Verkaufsaufträge nicht zu wirklichen Transaktionen führen. Viele, insbesondere institutionelle Marktteilnehmer und Computer sehen die großen Verkaufsaufträge und fangen selbst an diese Werte zu verkaufen, was zu einem Kursrutsch führen kann. Der Manipulator kann dann deutlich günstiger die jeweiligen Wertpapiere kaufen. Anzumerken ist, dass häufig die amerikanischen Börsen am schärfsten reguliert sind, während viele der dort verbotenen Transaktionen bei Kleinbörsen oder auch unregulierten Cryptobörsen so nicht verboten sind. Als Faustregel können sich Privatanleger merken, dass sie Aufträge eingeben sollen, die ihren Absichten entsprechen. 

Der dritte verbotene Punkt ist das Verbot von Absprachen. Wo dabei die Grenzen sind, kann diskutiert werden. Generell scheint es erlaubt zu sein offen über die eigenen Positionen zu sprechen, auch wenn dies ggf. dazu führen könnte, dass andere Personen dies nachhandeln könnten. Verboten sind dagegen konspirative Absprachen von Käufen und Verkäufen, so dass zum Beispiel Meldeschwellen nicht überschritten werden. Eine Gruppe von zusammenhängenden Anlegern kann so eine Firma übernehmen, ohne ein Übernahmeangebot machen zu müssen und ohne, dass diese Übernahme frühzeitig auffällt. Bei den meisten Börsen ist dies verboten.  

Der vierte verbotene Punkt ist das Verbot von Pump und Dumps. Trotzdem ist diese Taktik weit verbreitet und hat in 2020 und 2021 eine neue Blüte erlebt. Manipulatoren schreiben ursprünglich euphorische Berichte in Rundbriefen und jubelten so Aktien hoch, die sie vorher günstig gekauft hatten und nun an gutgläubige oder leichtgläubige Anleger zu erhöhten Preisen weitergeben. 

In Zeiten des Internets und Social Media ist Pump und Dump noch einfacher geworden. Aktien werden auf Aktienboards, in Facebook-, Whatsapp- und Telegramgruppen hochgejubelt und verkauft. Prominente Youtuber berichten über obskure Aktien und bekommen dafür ordentliche Provisionen. Anleger, die auf diese Prominente hören, müssen mit empfindlichen Verlusten rechnen. 

Broker

Privatpersonen können nicht direkt an Börsen handeln. Börsen schützen sich und die anderen Marktteilnehmer, in dem sie hohe Anforderungen an einen Börsenzugang stellen. Broker haben diese Berechtigungen und hinterlegen Kapital und halten die rechtlichen Bestimmungen ein. Sie sind zum Handel an der Börse zugelassen und können nun ihren Kunden diesen Zugang gewähren. 

Institutionelle Anleger und Privatanleger suchen sich nun einen Broker um an der Börse zu handeln. Viele institutionelle Anleger suchen sich dabei einen Prime Broker, der selbst wiederum im Hintergrund mit anderen Brokern zusammen arbeitet. Privatanleger können natürlich auch direkt mit mehreren Brokern arbeiten.

Gegenüber der Börse muss zuerst der Privatanleger selbst für eine Transaktion gerade stehen. Kann dieser allerdings die Transaktion oder Zahlungsverpflichtung nicht erfüllen, so muss der Broker für diesen die Verluste übernehmen. Das Kontrahentenrisiko ist also sehr gering wenn über eine Börse gehandelt wird. 

Brokerkonto eröffnen

Überall im deutschsprachigen Internet siehst du Werbung für Broker. In der Tat, es ist einfach und schnell möglich bei Scalable, DKB, Trade Republic oder auch Interactive Brokers ein Konto zu eröffnen. Anfangs, stellt der Broker dir online eine Reihe Fragen: 

  1. Wie hoch ist dein Einkommen und dein liquides Vermögen?
  2. Welche Produkte hast du schon gehandelt und wie viele Transaktionen und Jahre Erfahrung hast du? 
  3. Handelst du auf eigenen Namen oder für andere? 

Anschließend kann dich ein Broker für bestimmte Wertpapiere freischalten. Oft basierend auf deiner Erfahrung. Wenn du also gerne mit Futures handeln möchtest, aber angibst, damit keine Erfahrung zu haben, dann wird dir der Handel verwehrt. Das Problem dabei: Man kann praktisch keine Erfahrung sammeln, da alle Broker erst Erfahrung anfordern. 

Für die Legitimation bei einem Broker brauchst du mittlerweile das Haus nicht mehr zu verlassen. In der Regel reicht es einen Lichtbildausweis zu haben und deine Identität in einem VideoIdent Verfahren zu überprüfen. Dies funktioniert in der Regel auch problemlos weltweit, solange du die entsprechende VideoIdent App heruntergeladen hast und/oder Zugang zu deinem Handy hast um eine SMS mit einem Code zu empfangen. Du wirst dann aufgefordert den Ausweis zu zeigen und musst ggf. noch ein paar Worte sprechen und deine Angaben bestätigen. Der Zugang wird dir dann zu deiner deutschen Adresse geschickt – oder eben zu einer Adresse im Ausland. 


InteractiveBrokers fragt außerhalb Deutschlands nach einem Verbrauchsnachweis um den Wohnort zu verifizieren. In Deutschland reicht normalerweise der Personalausweis worauf die Adresse vermerkt ist. Manche Kundenbetreuer wollen eine Elektrizitätsrechnung, andere sind mit einer Internetrechnung zufrieden. Auch ansonsten bietet es sich immer an etwas mit den Kundenberatern zu sprechen, wenn man nicht direkt zum gewünschten Ergebnis kommt. 

Abschließend noch zwei Punkte zur Sicherheit: Am besten ist es, wenn man ein Zwei- Wege- Verfahren etabliert und den Laptopzugang mit einer App auf dem Smartphone freischaltet. Selbst wenn das Wlan oder die Webseite des Internetbanking dann gefakt wären, hätte man noch eine weitere unabhängige Bestätigung über mobiles Internet direkt inmitten der App ohne eine Zahl wie eine Pin oder Tan übertragen zu müssen. Zur Sicherheit gehört natürlich auch, dass du einen Rechner hast, der nicht mehr aus der Steinzeit ist sondern auf dem aktuellen Stand des Betriebssystems. Das gleiche gilt für das Handy. Und letztlich: bei den meisten Brokern kannst du eine Vertrauensperson benennen, die helfen kann, einen gehackten Account wieder zu erlangen. 

Für Deutschland könnten sich die folgenden Broker anbieten. Alle Broker sind mittlerweile sehr günstig, mit Kosten von wenigen Euro pro Transaktion. Teilweise werden die Kosten einfach in der Handelsspanne zwischen Kauf- und Verkaufskurs versteckt und es sieht dann so aus, als fallen gar keine Kosten an. 

Trade Republic: 

Der Broker aus Berlin ist erst seit 2019 am Markt und seit dem stark am Wachsen. Bei Aufträgen fällt eine pauschale Gebühr von 1 Euro an. Insbesondere bei kleinen und vielen Käufen und Verkäufen ist dies sehr günstig. Es gibt zwar mittlerweile auch eine Webseite aber Trade Republic ist als einfache Smartphone App gestartet. Wie bei Robinhood handelt es sich auch nicht um einen Broker, der einen richtigen Börsenzugang ermöglicht, sondern die Aufträge werden an den LS Exchange weitergegeben. Dies ist allerdings kein Problem, da die Kurse die gleichen wie bei Xetra sind. Über Trade Republic können neben Aktien auch einige Cryptos und Derivate gehandelt werden. 

Smartbroker 

Smartbroker kann man fast als Trade Republic Clon bezeichnen. Die Transaktionen werden seit Mai 2020 auch über Lang und Schwarz abgewickelt und es fallen 1 Euro Ordergebühren an. Man kann aber auch bei Xetra Tradegate oder Handelsplätzen von USA, bis Singapur und Australien handeln. Die dortigen Gebühren sind allerdings oft deutlich höher. Die Möglichkeiten bei Smartbroker sind etwas größer als bei Trade Republic und den Smartbroker nutzt man vor allem über eine Webseite und nicht per Smartphone App. Wer eine App bevorzugt sollte also lieber zu Trade Republic gehen. 

Scalable Capital 

Scalable Capital ist ein Münchener Roboadviser, der sich auch als Broker betätigt. Für 2,99 Euro im Monat bei jährlicher Abrechnung kann man über Scalable über Gettex handeln. Für 3,99 plus 0,01 Prozent kann man auch direkt bei Xetra Order einstellen. Das besondere: Es gibt mehr als 2000 ETF, die gebührenfrei gehandelt werden können und Sparpläne ab monatlichen Beträgen von 25 Euro sind auch kostenfrei. 

Interactive Brokers 

Keine Auflistung wäre komplett ohne Interactive Brokers. Der Broker ist sehr Jahrzehnten international führend bei Onlinebrokerage und neben Privatanlegern ist es auch für Institutionelle Anleger interessant über Interactive Brokers zu handeln. Wie bei den anderen Brokern fällt keine Depotgebühr an und die Kosten sind kompetitiv. Dabei ermöglicht InteractiveBrokers wie Scalable den direkten Zugang zu großen Börsenplätzen in der Welt. Neben einer überarbeiteten Smartphone App gibt es auch eine Webseite. Traditionell wird aber zumeist über ein heruntergeladenes Tool auf dem Laptop gehandelt. Interactive Brokers hat zwar die meisten Möglichkeiten, aber auch eine etwas unübersichtliche Nutzeroberfläche. Es lohnt sich also erst einmal ein paar Youtube Videos zu sehen, um zu überlegen, ob dies etwas für einen ist. Die größere Komplexität bietet, wenn man sich eingearbeitet hat, eine breitere Nutzungsmöglichkeit bei Investitionen. 

Die Entscheidung für einen konkreten Broker ist damit immer abhängig vom möglichen Nutzungsverhalten bei der Gestaltung des eigenen Depots. 

Kaufaufträge einstellen 

Dein Depot steht und du hast schon Geld darauf überwiesen, dann kann es los gehen. Ein Kaufauftrag stellst du am besten während der Handelszeiten, insbesondere wenn es sich um eine Market Order handelt. Market Order bedeutet, dass du einen Kauf oder Verkauf zu dem Kurs machst, der gerade an einer Börse angeboten werden, mit dem Risiko, dass sich dieser Kurs vielleicht kurzfristig schnell ändert. Dagegen gibt es die Limit Order. Dabei stellst du einen Kurs ein, den du zu zahlen bereit bist für eine neue Investition oder den Preis, den du mindestens haben möchtest. Bei selten gehandelten Wertpapieren mit niedriger Marktkapitalisierung gibt es manchmal gar keine Kurse oder die Spreads betragen 5%. Hierbei solltest du auf jeden Fall eine Limit Order nutzen um einen guten Preis zu bekommen. 

Auch die Laufzeit kann man oft wählen, ob es sofort oder tagesgültig ausgeführt werden soll, oder längere Zeit gültig sein soll. 

Letztlich gibt es auch Stop loss order, die ausgeführt werden, wenn ein bestimmter Preis erreicht ist und dann eine Market Order in den Markt gegeben wird um eine Position zu schließen. Wenn der Stop loss bei 23 Euro liegt bedeutet dies allerdings nicht, dass diese 23 Euro dann garantiert werden, sondern es kann auch direkt etwas weiter fallen, bis neue Kurse entstehen. Dies mussten viele Anleger bei ihren Investitionen in Wirecard lernen, deren realisierte Kurse deutlich unter den Stop loss Kursen lag. 

Philipp Marxen

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