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Leben auf Mallorca – eine gute Wahl

Erzähle ich vom Leben auf Mallorca, höre ich oft ein leicht spöttisches “Ach Malle!” Fast immer von Menschen, die Medellin noch immer für die gefährlichste Stadt der Welt halten, von Paris schwärmen und in Ebersberg oder Erkrath wohnen. Wer “Malle” sagt, tut kund, dass er einfach keine Ahnung hat.

“Mallorca” hatte ich mir vor vielen Jahren als Basis ausgesucht. Die Insel bietet hunderte günstiger Flugverbindungen in alle Städte Europas und das Klima ist auch im Winter sehr angenehm. Doch vor allem scheint Deutschland mit seinen Behörden und Zwängen auf einem anderen Kontinent zu liegen.   

Ein mallorquinisches Sprichwort sagt: “Hab es nicht so eilig – Du kommst doch nie weiter, als bis zum Meer!” Die Lebensart ist entsprechend tief entspannt. Obendrein sind die Spanier so ziemlich die herzlichsten Menschen, die man sich vorstellen kann. Schlechte Laune und schwere Gedanken sind ihnen wesensfremd.

Palma-Kathedrale

Liebenswürdig und lebenswert

Palma ist eine sehr schöne Stadt. Das haben auch Millionen von Touristen schon irgendwann einmal gelesen. Wenn in der Saison gerade mal kein Strandwetter ist, werden die Straßen um die Kathedrale und der Paseo Borne von betont geschmacklos gekleideten Menschen überbevölkert. Doch wenn die Sonne untergeht sind die zum Abendessen in ihre Hotels, oder auf die Aida zurückgekehrt. Dann kann ich wieder ungestört durch die Gassen schlendern und in einer der vielen Bars ein Glas Wein mit einer leckeren Kleinigkeit genießen.

Ab Mitte September kehrt noch mehr Ruhe ein und im Winter ist man dann fast unter sich. Unter Einheimischen und einer bunten Mischung von Auswanderern, die mehr oder weniger dauerhaft auf der Insel leben.

Viele davon sind hergekommen, um einfach zu leben. Ein Leben ohne Termindruck, gesellschaftliche Verpflichtungen und ziemlich oft auch ohne die lästige Pflicht für Geld arbeiten zu müssen. So wie ich.

Ansonsten haben sich ein paar deutsche Ärzte niedergelassen, Handwerker und einiges an Gastronomie. Die gesamte Industrie rund um die Yachten ist dagegen vornehmlich in britischer Hand. Viele junge Leute aus Australien, Neuseeland und Südafrika verdingen sich als Crew, oder arbeiten in den Werften. Grob vereinfacht läßt sich sagen, dass die meisten Ausländer entweder mit Booten, oder mit Gastronomie zu tun haben.

Oder natürlich mit Immobilien. Sehr viele Auswanderer verdienen ihr Geld damit, anderen Auswanderern Häuser zu verkaufen, oder diese in Schuss zu halten, wenn die glücklichen Besitzer doch mal wieder woanders sein müssen.

Die Branche boomt. Wo vor ein paar Wochen noch eine Bankfiliale zu finden war, gibt es nun schon wieder ein neues Immobilienbüro. Ich frage mich, wie sie alle existieren können.

Entspanntes-Leben

Das Leben auf Mallorca ist entspannt

„Auf Mallorca musst du arm aussehen!“ Sagt mein Vermieter und der stammt aus einer der ältesten Familien der Insel. Arm ist er natürlich auch nicht. Doch hier wird dich niemand schief ansehen, wenn du in alten Shorts und verwaschenem T-Shirt aus einem verbeulten Auto steigst. Ganz im Gegenteil, lächeln die Einheimischen eher über die Neulinge mit dem Porsche Cayenne und ihren Hosen in schreienden Farben. Dieses Jahr vorzugsweise in Maisgelb oder Türkis, für die Damen dürfen es gerne großflächig bedruckte Seidenblusen sein.

Das legt sich jedoch alles nach einiger Zeit auf der Insel. Einen ausgewachsenen SUV in eines der, für Kleinwagen gebauten, Parkhäuser zu manövrieren ist die Hohe Schule des Autofahrens. Und selbst wenn du es ohne Beulen und Schrammen geschafft hast… Jemand, der nicht so gut fahren kann erledigt das gern für dich.

Natürlich steckt Dir dieser Jemand auch keine Visitenkarte unter den Scheibenwischer. Für Spanier haben Autos einen anderen Stellenwert. Deswegen wird sich auch kein aufmerksamer Beobachter das Kennzeichen des Sünders notieren. Es ist doch nur ein Kratzer an einem Auto, wer wird sich über so etwas aufregen?

Ich habe mein Porsche 911 Cabrio nach dreimal lackieren und einem aufgeschlitzten Verdeck verkauft. Danach fuhr ich Vespa oder Taxi.

Mit der Kleidung ist es ähnlich. Wer sich herausputzt ist einfach falsch angezogen. Wer will das schon auf Dauer? Ich genieße es, auch mal unrasiert und in Badeshorts einkaufen zu gehen.

Den Dauerstress des „Mithalten Müssens“ beim unreflektierten Konsum gibt es auf Mallorca höchstens bei der morgendlichen SUV Parade vor den internationalen Privatschulen. (Siehe oben) Wer Wert auf diese Art gesellschaftlichen Lebens legt, weil er sich noch immer etwas beweisen muss, wird sich hier nicht so recht wohlfühlen.

Im Hafen von Palma liegen übrigens mehr Superyachten als in Monaco. Wer da unbedingt meint, der Größte sein zu wollen, tritt nicht gegen Sparkassenvorstände an, sondern gegen Scheichs und Oligarchen.

Auf der anderen Seite der Wohlstandsskala sieht es bedeutend weniger entspannt aus. Aufgrund hohen Wettbewerbs, ist es auf der Insel schwierig geworden, sich ein Geschäft aufzubauen. Als Angestellter zu arbeiten, ist wegen der geringeren Löhne noch weniger lustig. Die Lebenshaltungskosten sind dagegen etwa gleich wie in Deutschland, in Palma sogar höher.

Arm auszusehen ist durchaus cool hier, wirklich arm zu sein jedoch bedeutend weniger. Wer es sich nicht leisten kann, auf Mallorca zu leben, sollte lieber im schlechten Wetter bleiben und sich die Bude vom Staat heizen lassen.

Sorry für die harten Worte, doch ich habe genug Auswanderer-Elend gesehen. Wer in einer Höhle lebt, hat sehr wenig von der Sonneninsel. Es sind nicht wenige, die aus ihrem Traum vom süßen Leben auf Mallorca auf der Straße aufgewacht sind. 

Weil es eben doch nicht so einfach ist, sich ohne Sprachkenntnisse und solide Fähigkeiten eine Existenz zu schaffen. 

Himmlisches-Essen-auf-Mallorca

Gesunde Ernährung leicht gemacht

Außerhalb von Palma und den touristischen Brennpunkten ist das Leben auf Mallorca noch stark bäuerlich geprägt. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass ein großes Angebot frischer Lebensmittel in guter Qualität auf den Markt kommt. 

Markt meine ich dabei wörtlich, denn allein in Palma gibt es fünf kommunale Markthallen, in welchen die Produzenten ihre Waren fast direkt vom Feld anbieten. Wer es möchte könnte sogar lebende Hühner, Lämmer oder Schweine zum selbst schlachten kaufen.

Das ist nicht nur preiswert, sondern auch unglaublich gut. Wer im Supermarkt einkauft, hat schon lange vergessen, wie reifes Obst und Gemüse überhaupt schmecken. Vom Geschmack ganz abgesehen, fallen hier auch keine langen Transportwege und Energiekosten für Kühlung an. Es gibt keinen Verpackungsmüll, wenn ich mit meinem Rucksack zum Markt gehe. Ich glaube zwar nicht an die Klimareligion, doch dass es auf der Welt definitiv zu viel Müll gibt, habe ich schon oft genug mit eigenen Augen gesehen.

Als ich auf Mallorca lebte, habe ich praktisch nie einen Supermarkt betreten. Zur Beruhigung: Es gibt sie zuhauf, sogar die Geizmarken sind vertreten, doch warum sollte ich mir das antun? Gesunde Ernährung ist immer frisch und selbst gemacht, obendrein spart das auch noch eine Menge Geld.

Solche Märkte mit lokalen Produkten gibt es in jeder Gemeinde auf der Insel. Allein die Qualität dieses Nahrungsangebots wäre für mich Grund genug für ein Leben auf Mallorca.

Mallorca-Soller

Freiheit in Paradiesischer Natur

Es gibt eine Menge Plätze an denen du ein angenehmes Klima und entspannte Lebensart finden kannst. An den meisten von davon kann es jedoch auch mal sehr ungemütlich werden. Leben auf Mallorca bedeutet auch leben in Sicherheit!

Hier gibt es weder Erdbeben, noch Hurricanes oder verheerende Brände. Auch keine giftigen Pflanzen, Schlangen oder fiese Viren. Die gefährlichsten Tiere, denen du auf deinen Wanderungen begegnen kannst sind bissige Esel und übermütige Ziegenböcke.

Nirgends sonst kannst du auf so kleinem Raum, derart vielfältige Landschaften erreichen. Vom herrlichen Strand bei null Metern Meereshöhe, kommst du in 30 Autominuten ins Hochgebirge bei 1.500 Höhenmetern. All das herrlich unberührt und gepflegt. Nicht umsonst trainieren hier die Radfahrer Teams aus ganz Europa.

Knapp 500 Kilometer umfasst eine Inselrundfahrt und das ist eine lange Tagesreise. Im Süden das Meer mit Sandstränden, im Westen eine wildromantische Steilküste, im Norden schroffe Berge und wieder Sandstrände. Die Ostküste letztlich wartet mit einer Vielzahl kleiner Buchten und Naturhäfen auf. Zwischendrin fruchtbare Ebenen mit verträumten Städtchen und ein dichtes Netz ruhiger Feldwege zum Wandern oder Radfahrern.

Auf Mallorca kannst du nahezu jede denkbare Freizeitaktivität in der Natur ausleben. Vom Tauchrevier bis zum Klettergarten, von einer Vielzahl von Golfplätzen zu herrlich kurvigen Motorrad-Strecken. Die Insel bietet einfach alles, allein die Surfer klagen über zu wenig Wind. Auch als Segler hörst du in den Sommermonaten eher deine Motoren tuckern. 

Mallorca-Mandelblüte

Wo denn am besten leben auf Mallorca?

Das hängt ganz von deinen Vorlieben ab. Deutsche Großstädter ziehen sich gerne auf eine Finca mitten im Nirgendwo zurück. Solche Immobilien sind noch immer relativ preiswert zu mieten oder zu kaufen und bieten rustikalen Charme. 

Allerdings meist auch keine Heizung und wenn du Pech hast, nur mit Solarstrom und Dieselgenerator. Mich würde daran vor allem stören, dass ein Auto unverzichtbar ist. Ich möchte einfach nicht wegen jeder Kleinigkeit fahren müssen und schon gar nicht abends in die Kneipe.

Für mich sollte es schon Palma sein, das Leben auf dem Land kann vor allem im Winter schon sehr einsam werden. 

In der Innenstadt kann es schon mal voll werden, wenn gerade mal wieder fünf Kreuzfahrtschiffe ihre Ladung ausgespuckt haben. Es ist auch nahezu aussichtslos, dort ein Auto haben zu wollen. Selbst wenn du die gesperrten Gassen dank einer Sondergenehmigung für Anlieger befahren darfst, gibt es fast keine Parkplätze.

Ganz anders ist die Lage in den In Vierteln von Portixol und Molinar, die sich Ostwärts der Innenstadt erstrecken. Hier kommen kaum einmal Touristen hin, wohl aber jede Menge Einheimischer an den Wochenenden.

Entlang des Ufers erstreckt sich eine kilometerlange Promenade mit vielen Restaurants und Bars. Gegenüber davon eine Zeile ehemaliger Fischerhäuschen, von denen viele inzwischen zu Luxuswohnungen umgebaut wurden. Früher galten diese Immobilien wegen der in Meeresnähe ständig herrschenden Feuchtigkeit, als nahezu wertlos. Dank Gentrifizierung sind es mittlerweile Millionenobjekte. Die 

ungünstigen Einflüsse bleiben dennoch und sogar Geländer aus dem teuersten Edelstahl rosten hier irgendwann. Direkt am Meer wohnen ist etwas für Anfänger, früher haben dort nur diejenigen gewohnt, die sich nichts anderes leisten konnten.

Weitaus angenehmer finde ich persönlich die Lagen im Osten von Palma. Ich selbst habe, mit einem traumhaften Blick auf Stadt und Hafen, in einer alten Villa im Ortsteil La Bonanova gewohnt.

Innerhalb der Stadt, hast du die Wahl zwischen der sehr charmant restaurierten Altstadt und den Wohnvierteln an der Küste.

Homebase-palma

Leben mit Blick aufs Mittelmeer

Das war jedenfalls mein Ideal, wenn es ums Leben auf Mallorca geht. Ostwärts von Palma erstrecken sich weitere reizvolle Wohnviertel für fast jeden Geldbeutel. Nach dem etwas heruntergekommenen, doch durchaus charmanten, Cala Mayor wird es in Richtung Osten immer edler.

Wer mit einem, ohnehin empfehlenswerten, großzügigen Budget auf die Insel kommt, wird hier fündig. In diesen Wohngegenden ist auch der Anteil an Deutschen und Briten besonders hoch. Das hilft dem Mallorca Anfänger ohne Spanisch Kenntnisse.

Nicht nur ein Platz an der Sonne

Ja, es ist wahr, auf Mallorca scheint die Sonne an über 300 Tagen im Jahr. Für viele verfrorene Nordlichter ist das der einzige Grund, sich hier niederzulassen. Spanien und seine Eigenheiten sind für viele dieser Einwanderer eher lästige Nebeneffekte. 

Am liebsten bleiben sie unter Ihresgleichen und schauen mit einer gewissen  Herablassung auf die ”faulen” und ”unzuverlässigen” Einheimischen herab. Es versteht sich fast von selbst, dass sie auch keinen Grund sehen, die Landessprache zu lernen.

Ich habe diese Leute immer für arrogante Idioten gehalten, denen das Beste entgeht was die Insel zu bieten hat: Eine entspannte Lebensart unter ungemein hilfsbereiten und liebenswerten Menschen. Wer unter Seinesgleichen bleiben muss, in den deutschen, britischen und schwedischen Klüngeln, demonstriert den gleichen mangelnden Integrationswillen, den bestimmte Einwanderergruppen in den Heimatländern an den Tag legen.

Mögen sie also unter sich bleiben, das ist Strafe genug. Auf Mallorca leben viele Auswanderer auch deswegen, weil sie sich daheim nicht mehr blicken lassen können. “Gott bewahre uns vor Sturm und Wind und vor Deutschen, die im Ausland sind”. Diesen Satz kenne ich seit meiner Kindheit und er hat seither nichts von seiner traurigen Wahrheit verloren. 

Deutsche helfen Deutschen. Kann schon sein, doch genauso oft bescheißen Deutsche, Deutsche. Ich habe in meinen 20 Jahren viel erlebt – und auch selbst Lehrgeld gezahlt. 

Mein deutscher Steuerberater hat jahrelang, die an ihn bezahlten Sozialabgaben nicht weitergeleitet, sondern die Behörde überaus geschickt vertröstet. Als eines Tages mein Auto deswegen gepfändet wurde, hatte er sich bereits mit meinem Geld und dem hunderter weiterer deutscher Mandanten in die Dominikanische Republik abgesetzt. Ralf war ein charmanter, witziger Kerl, ich bin ihm nicht böse und muss beim Schreiben schon wieder über sein Bubenstück lachen.

Wer nicht ausreichend Spanisch kann und sich mit der Zeit einen einheimischen Bekanntenkreis schafft, versäumt eigentlich das Beste. Ein spanischer Steuerberater hat meine Geschichte dann ohne großes Tamtam wieder eingerenkt. Er kannte halt jemanden…

Nicht wenige Deutsche haben von Deutschen Grundstücke gekauft, die denen nicht gehörten. Ganz zu schweigen von traumhaften Anwesen, die in den wilden Jahren ganz ohne Baugenehmigung in die Landschaft gesetzt wurden. Jetzt hagelt es 

Abrissverfügungen und legal dürfte man gerade noch einen Schafstall auf das Grundstück stellen.

Über das Thema Geld hatten wir bereits gesprochen. Wer nicht mehr jeden Tag in der Tretmühle der Arbeitswelt steckt, braucht sogar noch mehr davon. Das Leben auf Mallorca ist traumhaft schön, doch umsonst ist hier wirklich nur der Sonnenschein.

Auswandern für Anfänger

Mallorca war meine erste Station auf dem Weg zu einem internationalen Leben. Dank der günstigen Verkehrslage konnte ich problemlos Verbindung zur Familie in Deutschland halten und durchaus mal eben für einen Geburtstag einfliegen. Es war auch eine ideale Basis, um von dort aus die Welt kennen zu lernen.

Wer (noch) keine Fremdsprachen beherrscht, kommt hier ohne weiteres mit Deutsch zurecht. Auch wenn ich das für nicht optimal halte, geht es problemlos. Du kannst zum deutschen Zahnarzt gehen, dich von einem deutschen Anwalt beim Immobilienkauf beraten lassen und weiterhin deutsches Produkte beim Drogeriemarkt Müller und Aldi einkaufen. 

Und doch bist du erst mal raus aus dem System Deutschland. Keine Krankenversicherungspflicht, keine GEZ und wenn du es geschickt anstellst auch keine Steuerpflicht.

Die spanischen Behörden interessieren sich nicht weiter für dich, so lange du nichts von ihnen willst. Viele Menschen leben auf Mallorca einfach unter dem Radar. Im Kommen und Gehen von Millionen Touristen fallen ein paar mehr nicht auf. Auch wenn sie etwas länger bleiben.

Im Gegensatz zu den Deutschen Aufpassern, wird sich dein spanischer Nachbar nicht die Bohne für dein Leben interessieren. So lange du ihm nicht auf die Nerven gehst, könntest du seinetwegen auch ein gesuchter Terrorist sein.

Wer nicht weiß, wohin, sondern nur erst mal weg will aus Deutschland, für den ist Mallorca eine gute Empfehlung.

Fragt mich gerne, nach 20 Jahren auf der Insel kenne ich mich ein bisschen aus.

Benedikt Lechner

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