Not your keys – not your coins!
Dieser Satz ist eines der Mantren der Krypto- Gemeinde. Denn eine der revolutionären Neuerungen, die mit Krypto- Werten einhergehen ist es eben auch, dass Jeder sein Vermögen selbst aufbewahren und Werte transferieren kann. Völlig ohne zwischengeschaltete Institutionen.
Die Assets sind auf der Blockchain gespeichert, jene Keys, kryptographische Schlüssel, verschaffen uns lediglich den Zugang dazu. Wir können über sie nachweisen, dass diese Coins unser Eigentum sind und darüber verfügen.
Eine Software hilft uns dabei, diese Schlüssel zu verwalten und uns mit den Blockchains zu verbinden. Mit ihrer Hilfe können wir unsere Coins auch an andere versenden. Wir nennen das eine „Wallet“.
Freiheit erfordert Verantwortung!
Ich muss zugeben, dass ich damit am Anfang selbst etwas überfordert war. Neueinsteiger müssen sich erst an den Gedanken gewöhnen, ihr gesamtes Vermögen auf einem Computer, Smartphone, oder gar einem winzigen Stick mit sich zu tragen. Was ist, wenn ich das Ding verliere, oder wenn es gestohlen wird?
Kein Problem, wenn Du Dich an 12 bis 24 Worte erinnerst und diese auch noch in der richtigen Reihenfolge wiedergeben kannst, läßt sich der Zugang wieder herstellen. Nun, das sind schon zwei Dinge, auf die Du aufpassen musst. Einmal das Gerät und dann noch der Zettel mit den Schlüsselworten.
Das ist nicht so trivial, wie es sich anhört. Über Jahre hinweg kann schon mal etwas verloren gehen. Das Internet ist voll von Geschichten über Leute, die auf diese Art ein Millionenvermögen verloren haben.
Doch es besteht eben nicht nur das Risiko eines Totalverlustes, auch beim Versenden lassen sich tragische Fehler machen. Über die falsche Blockchain versandte Coins sind unwiderruflich verloren und auch Coins, die an die falsche Adresse geschickt werden, bleiben dort. Es gibt keine Möglichkeit, eine Überweisung zurückzurufen. Weg ist weg!
Es gibt keine Instanz, bei der du verlorene Zugangsdaten neu anfordern kannst und auch wenn dereinst Deine Erben nicht wissen, wo das Zettelchen mit der Passphrase liegt, gehen sie leer aus.
Die neuen Banken
Aufgrund dieser Schwierigkeiten ist kein Wunder, dass schon sehr viele der frühen Bitcoin Nutzer, ihre Coins einfach auf der Börse liegen ließen, an der sie sie gekauft hatten.
Dort bist du mit Deinem Namen und Adressdaten registriert und legitimiert und kannst dich auch dann wieder einloggen, wenn Du Dein Passwort vergessen hast. Auch wenn Du Dich bei einer Überweisung vertan hast, wird man Dir helfen.
Eine Exchange ist eben wieder ein Mittelsmann, dem du vertraust. Wir sind das ein Leben lang von den Banken gewöhnt und daher fällt es uns umso schwerer, die neue Freiheit anzunehmen. Wir finden es beruhigender, unsere Rechte zu delegieren, auch wenn wir dabei das Risiko eingehen, auf einen unredlichen Akteur hereinzufallen.
Eine der größten Krisen von Bitcoin wurde 2013 durch den Zusammenbruch von Mount Gox, der damals größten Börse ausgelöst. Begünstigt durch eine grenzenlose Schlamperei der Betreiber, gelang es Hackern Bitcoin im Wert von damals 800 Millionen zu erbeuten. Dank der Natur der Blockchain konnten diese nach fast 10 Jahren aufgespürt und sichergestellt werden. Die damals Geschädigten haben eine reelle Chance, ihr Geld zurück zu bekommen.
So etwas ist bei heutigen Börsen und Plattformen undenkbar. Rund um die Datensicherheit ist eine ganze Industrie entstanden. Es gibt noch immer kleinere Hacks, doch sind diese meist auf eher die Nachlässigkeit der Nutzer zurückzuführen, als auf ein Fehlverhalten der Exchanges.
So konnte eine ganze Industrie entstehen, Coinbase Aktien werden an der New Yorker Börse gehandelt, die Verschmelzung von Krypto und traditionellem Finanzwesen ist in vollem Gang.
Der Ruf des Geldes
Vor zwei Jahren wurde diese Entwicklung zusätzlich dadurch beflügelt, dass sich auf Krypto Plattformen und Börsen hübsche Renditen erwirtschaften ließen. Das war etwas völlig Neues und plötzlich begannen sich Menschen für Bitcoin & Co. zu interessieren, die das Ganze noch vor einem Jahr als hoch spekulativen Unsinn abgetan hatten.
Neben institutionellen Anlegern, stiegen wohlhabendere Kunden ein und der DeFi Sommer von 2020 leitete den neuen Aufschwung ein.
Warum soll ich meine Bitcoin auf einem Hardware Wallet aufbewahren, wenn ich 7 Prozent Zinsen dafür bekommen kann, dass ich sie über eine Plattform verleihe?
Plattformen wie BlockFi, Nexo, Celsius und Crypto.com lockten Anleger mit immer höheren Zinsen auf Einlagen und schon bald verwalteten sie Milliardensummen.
Der Sündenfall
Es war ein kleiner Goldrausch und das viele Geld muss einige der Betreiber leichtsinnig gemacht haben. Im Bestreben, höhere Zinsen zu erwirtschaften, ließen sie sich auf immer riskantere Konstrukte ein.
Der Absturz begann mit einem „stabilen“ Coin, dessen Wert angeblich immer einen US-Dollar betragen sollte. Garantiert wurde diese Deckung durch die Koppelung an den Dollarkurs eines anderen Krypto-Coins. Pikanterweise vom gleichen Herausgeber, einem koreanischen Unternehmen.
Das ist, sehr vereinfacht, ungefähr so, als würde ich einen Bankkredit über eine Bürgschaft absichern, die ich mir selbst gebe. Dennoch hat es dieser Müll bis auf Rang 6 der am höchsten kapitalisierten Kryptowerte geschafft. Denn es ließen sich mit dem US-Terra Stablecoin 19,5 Prozent Zinsen verdienen.
Selbst renommierte Krypto- Berater hatten diese Plattform als sichere Investition empfohlen, ich habe den Rat nicht befolgt. Doch gutgläubigere Anleger haben über Nacht insgesamt 45 Milliarden Dollar verloren.
Diese Implosion hatte einen ähnlichen Effekt, wie der bereits erwähnte Zusammenbruch der Mount Gox Exchange im Jahr 2013. Wenn die Nummer 6 der Rangliste praktisch über Nacht verschwindet, wem kannst Du dann noch in diesem gesamten Markt trauen? Die Kurse bröckelten und in einer Zeit weltwirtschaftlicher Unsicherheit, fiel das um so verheerender aus.
Der nächste Schlag ließ dann auch nicht lange auf sich warten. Diesmal stellte die Lending Plattform Celsius die Auszahlungen ein, um einen Zusammenbruch zu vermeiden. Auch hier waren es wieder aberwitzige Konstrukte, die zur faktischen Zahlungsunfähigkeit führten. Sie erinnern an jene, die 2008 zum Zusammenbruch des Immobilienmarktes und zu jener Finanzkrise geführt haben, aus der heraus Bitcoin entstanden ist. Das Universum hat Humor! Oder Gier kennt eben keine Grenzen.
Die Kurse purzeln munter weiter und wir können nicht vorhersagen, wer als nächstes betroffen sein wird. In dieser Krise ist das Krypto- Establishment so betroffen, wie damals das Wall Street Establishment. Nahezu sicher ist jedoch, dass Dein Geld im Falle einer Plattform oder Börsen Insolvenz einfach weg ist. Die Geschäftsbedingungen sind so allesamt so formuliert und es gibt auch keine staatlich garantierte Mindest- Deckung von Einlagen.
Grund genug, sich endlich eingehend mit solchen Dingen wie Wallets und dezentralisierten Plattformen zu beschäftigen. Ich fasse mir hier durchaus an meine eigene dicke Nase.
Trau keinem, schon gar nicht der Regierung
Doch, das ist leider noch nicht alles. Ich habe noch mehr schlechte Nachrichten:
Zuerst betraf es nur jene Bitcoin aus den dunklen und schmuddeligen Ecken des Internet. Coins mit denen Drogen, Waffen und sogar Mordaufträge bezahlt wurden, konnten zuerst vom FBI und später von allen möglichen Strafverfolgungsbehörden aufgespürt und beschlagnahmt werden. So weit so gut, wer kriminell ist, sollte lieber auf Barzahlung bestehen.
Dieses Jahr betraf es dann bereits Bürger, die mit ihrer Regierung nicht einverstanden waren. Menschen, welche die Proteste der kanadischen Trucker gegen die Corona-Diktatur von Justin Trudeau unterstützen wollten, wurden die Bankkonten eingefroren. Als sie auf die brillante Idee kamen, einfach Bitcoin zu versenden, versuchte die kanadische Polizei dies bei den Kryptobörsen zu unterbinden. Die Chefs von Kraken und Coinbase weigerten sich dem, ohne Gerichtsbeschluss Folge zu leisten.
Einige Monate später das gleiche Spiel. Diesmal forderte die Regierung der Ukraine die Börsen dazu auf, die Krypto- Konten von russischen Staatsbürgern einzufrieren. Wir reden hier nicht von sogenannten „Oligarchen“, sondern einfach nur von Menschen, die einen russischen Pass haben. Wieder weigerten sich die Chefs der Börsen. Nicht so viel Glück hatten diejenigen Russen, deren Yachten und Finanzwerte eingefroren wurden. Einfach so, aufgrund eines Generalverdachts. Du bist Russe und du bist reich, also nehmen wir dir dein Vermögen weg. Ohne Anhörung, ohne Gerichtsverfahren, im Namen von Freiheit und Demokratie.
Nun frage ich mich, wer sind die nächsten Trucker, wer sind die nächsten Russen? Vielleicht Ungeimpfte? Oder Menschen, die sich in „verfassungsfeindlicher Weise“ äußern? In der deutschen Geschichte gab es eine Zeit, in der die Vermögen von Juden beschlagnahmt wurden. Die hatten nichts getan, außer Juden zu sein.
Vorwärts, wir müssen zurück!
Erinnern wir uns doch bitte an den eigentlichen, gigantischen Vorteil der Krypto- Revolution: Wir brauchen keine Mittelsmänner, auch wenn sie Bequemlichkeit, Sicherheit und fette Renditen versprechen. Wir könnten unser Geld, zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit, selbst verwalten. Wir müssen es einfach nur tun!
Ja, es ist unbequem und wir müssen dafür eine Menge lernen. Lernen, Wallets und Passphrasen zu managen. Lernen, unsere Coins im Staking Geld verdienen zu lassen, ohne die Kontrolle darüber abzugeben. Lernen, unsere Krypto- Werte auf dezentralisierten Plattformen gegen Zinsen zu verleihen, ebenfalls ohne die Kontrolle darüber abgeben zu müssen. Das funktioniert sicherer, denn über das, was damit geschieht, entscheidet ein Smart- Contract und kein größenwahnsinniger Fondsmanager.
Eine Software, die darauf programmiert wurde, bestimmte Operationen auszuführen und andere einfach nicht zuzulassen. Keine Ausnahme zu machen, auch wenn die Rendite sinkt. Aus dem Markt läßt sich eben nur das herausholen, was auch tatsächlich verdient werden kann.
Wann immer gegen diese Regel verstoßen wird, gibt es irgendwann Tränen. Im Moment scheint es so zu sein, als würde die Krypto- Industrie ihren Lehman Brothers Moment erleben.
Was Du nun tun kannst
Vor Allem Ruhe bewahren! Es ist nicht schön, zu sehen, dass sich Dein Vermögen mal so eben halbiert hat. Hier leiden wir gerade allesamt, auch wenn wir uns gegenseitig versichern, dass das alles halb so schlimm ist. Ein Crash macht einfach keinen Spaß.
Doch genau dieser Crash gibt uns die Chance, Dinge besser zu machen:
- Halte Assets in wirklich gedeckten Stablecoins: USDC oder BUSD
- Wenn du Zinsen verdienen möchtest, verteile das Risiko über mehrere Plattformen
- Richte dir eine Software Wallet auf einem separaten Device ein
- Halte möglichst viele Deiner Assets auf dieser Wallet
- Delegiere Deine Coins ins Staking bei dezentralen Projekten
- Investiere bei dezentralisierten Plattformen
- Warte auf bessere Zeiten, sie werden kommen.
Diese Massnahmen im Einzelnen zu erklären, würde den Rahmen eines Blog- Beitrags sprengen. Doch berate ich dich gerne und zeige Dir die Möglichkeiten.