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Du bist ein Gewinner

Wenn du diese Zeilen liest, auf einem schicken MacBook oder Smartphone, kannst du dich glücklich schätzen: Du bist ein Gewinner! 

Allein, dass du in deutscher Sprache lesen kannst, Zeit hast und Interesse für etwas ausgefallenere Themen aufbringst, macht dich zum Mitglied eines überaus privilegierten Clubs: Du bist einer der Gewinner der Eizellen-Lotterie!

Ein Gedankenexperiment

Die Idee der Eizellen-Lotterie geht zurück auf den Harvard Philosophen John Rawls,  richtig bekannt wurde sie jedoch durch Warren Buffet. 

Er sagt: Stell dir vor, du könntest die Regeln der Gesellschaft bestimmen, in die du hineingeboren werden wirst. Die sollen dann für dich, deine Kinder und deine Enkel gelten. Außer diesen Regeln kannst du allerdings nichts bestimmen.

Dabei kommt Buffett zu dem Schluß, dass es wohl jeder vorziehen würden in ein System geboren zu werden, das alle Menschen gleich behandelt. Ohne Ansehen von Geschlecht, Rasse, Intelligenz und Gesundheit. 

Für uns ist dies keine Hypothese, sondern Realität. Wir wurden (wahrscheinlich) allesamt in hoch entwickelten und freiheitlichen Ländern geboren. 

In unserer Gesellschaft macht es zwar durchaus einen Unterschied, ob du mit einem IQ von 67 oder 133 auf die Welt gekommen bist. Doch auch ein Minderbegabter wird ein menschenwürdiges Dasein führen können, anstatt als Bettler auf der Straße verspottet zu werden.

Du hast ein unverschämtes Glück gehabt!

Das ist für uns so selbstverständlich, dass wir gar nicht erst groß darüber nachdenken. Wir können uns gar nicht vorstellen, was es bedeutet als Frau in Afghanistan oder Somalia geboren zu sein, oder welches Leben die Unberührbaren in Indien führen. Müssen wir auch nicht, denn wir hatten eben allesamt das unverschämte Glück nicht dort geboren zu sein.

Man muß sich das in Zahlen vergegenwärtigen: Im Augenblick leben rund 6% aller Menschen, die im Laufe der gesamten Menschheitsgeschichte von rund 300.000 Jahren geboren wurden. Deine Chance als Höhlenmensch, Zwangsarbeiter im alten Ägypten, türkischer Galeerensklave, oder Prostituierte in Bombay geboren worden zu sein, beträgt also 94%. 

Doch damit nicht genug, die Chance in einem mehr oder weniger freien und wohlhabenden Land geboren worden zu sein, beträgt wiederum nur rund 10%. 

Die Gesamtwahrscheinlichkeit für unsere glückliche Geburt liegt mithin bei ganzen 0,6%. 

Daran sollten wir denken, wenn uns unser Schicksal mal wieder unerträglich hart vorkommt, an kalten grauen Tagen. Es hätte alles viel, viel schlimmer kommen können! 

Die gute alte Kinderstube

Nur im richtigen Land geboren zu sein, ist jedoch bestenfalls die halbe Miete. Innerhalb dieser Länder kommt es auch noch sehr auf die richtige Postleitzahl an. Darauf, wo dein Elternhaus steht und natürlich auch wer deine Eltern sind.

Warren Buffet erinnert sich folgendermaßen: 

„Als ich ein Kind war, hatte ich alle möglichen Vorzüge. Ich hatte den Vorteil, dass ich ein Zuhause hatte, in dem man über interessante Dinge sprach, und ich hatte intelligente Eltern und ging auf eine anständige Schule. Ich glaube nicht, dass ich bei einem besseren Elternpaar hätte aufwachsen können. Das war ungeheuer wichtig. Ich habe kein Geld von meinen Eltern bekommen, und ich wollte es auch gar nicht. Aber ich wurde zur richtigen Zeit und am richtigen Ort geboren. Ich habe die ‚Eizellen-Lotterie‘ gewonnen.“

Sein Vater war Börsenmakler und saß zudem vier Amtszeiten (das sind 24 Jahre!) als Abgeordneter im US-Kongress. Der kleine Warren verdiente sein erstes Geld im Alter von sechs Jahren, indem er Sechserpacks Coca Cola für 25 Cent kaufte und die einzelnen Flaschen für 10 Cent an seine Kameraden verkaufte. Seine ersten Aktien kaufte er sich im Alter von elf Jahren.

Kaum vorstellbar, dass er das getan hätte, wenn sein Vater Lehrer, oder Polizist gewesen wäre. Robert Kyosaki beschreibt genau diesen Unterschied in seinem Klassiker „Rich Dad, Poor Dad“. 

Roberts Vater war Lehrer, der Vater seines besten Freundes hingegen ein erfolgreicher Geschäftsmann. Die beiden Kinder wurden nur deswegen Freunde, weil sie zwar in unterschiedlichen Wohngegenden lebten, diese jedoch zum gleichen Schulbezirk gehörten. So hatte Robert den direkten Vergleich zwischen den sehr unterschiedlichen Denkweisen seiner beiden Väter. 

Von Bill Gates, Mark Zuckerberg und vielen anderen wissen wir, dass sie aus privilegierten Familien stammten. Doch muss das Elternhaus nicht zwingend eine große Villa sein.

Der Vater von Elon Musk war Maschinenbauingenieur, kein Multimillionär, doch hat er seinen Sohn so weit gefördert, dass dieser im Alter von 12 Jahren schon sein erstes selbst programmiertes Computerspiel verkauft hat, den Rest kennen wir. 

Sir Elton Johns Eltern hatten keine Zeit für ihn, er wurde von seiner Großmutter aufgezogen und die hat ihm das Klavierspielen beigebracht. So gut, dass er bereits im Alter von 11 Jahren ein Stipendium der „Royal Academy of Music“ erhielt. 

David Beckhams Eltern waren glühende Fußballfans und schickten den kleinen David früh zum Bolzen. Christiano Ronaldo ist besonders stolz auf seine einfache Herkunft. Sein Vater war Gärtner, aber eben auch Zeugwart bei einem kleinen lokalen Fußballverein. Dem ersten Verein, für den der spätere Weltstar spielte.

Bei Franz Beckenbauer war es ein Onkel, der bereits für die Bayern kickte. Rafael Nadal hatte gleich drei Onkels im Fußball und einen, der Tennistrainer war. Und wo der kleine Michael Schumacher so teuflisch schnell fahren gelernt hat, wissen wir auch alle.

Die Liste der Reichen und Berühmten, die ihren Status einer frühen Förderung im Elternhaus verdanken, ließe sich endlos fortsetzen. Wir nehmen nur noch eine, weil es so schön dazu passt:

Annalena Baerbock wurde als Tochter einer Sozialpädagogin und eines Maschinenbauingenieurs geboren. Ihre grün engagierten Eltern nahmen die kleine Annalena schon früh mit zu Menschenketten und Demonstrationen gegen Atomkraft, Wettrüsten und das Böse in der Welt. Später wurde ihr Vater dann jedoch Personalvorstand für einen amerikanischen Konzern und konnte seiner Tochter ein Studium an der renommierten London School of Economics finanzieren. Sie hat es übrigens abgeschlossen.

Die Beispiele zeigen recht deutlich, dass Geld beim späteren Erfolg im Leben keine besonders große Rolle spielt. Es kommt vielmehr darauf an, welche Anregungen die Kinder von ihren Eltern bekommen. Wir lernen durch Nachahmen und der Einfluss der Eltern oder Bezugspersonen ist enorm. Viel größer als jener von Schule und Universität. Buffett und Baerbock sind zwei exzellente Beispiele dafür.

Kinder aus „Bildungsfernen Milieus“, wie man es heutzutage politisch korrekt formuliert, bekommen gar keine, oder eben ganz andere Anregungen und haben es dadurch ungleich schwerer einen Weg zur Selbstverwirklichung zu finden. 

Gene machen das Genie

Von Geburt an, fallen uns gewisse Dinge leicht, während wir uns mit anderen schwerer tun. Manche haben einen blitzschnellen Verstand, andere wiederum verstehen grundsätzlich erst mal nur Bahnhof. Das liegt an den Genen und deren Vermischung. Diese bilden eine ziemlich lange Kette.

Jeder von uns ist biologischer Nachfahre und Zufallsgemisch aus den Genen von rund 4.000 Menschen, die vor bis zu 300 Jahren lebten.

Unsere Begabungen, Charakterzüge und unsere Intelligenz hängen von dem ab, was uns unsere Eltern und Vorfahren vererbt haben. Ob du extrovertiert bist, oder eher Schwierigkeiten hast auf Menschen zuzugehen. Ob du ordentlich oder chaotisch bist, es ist alles ein Spiel der Gene.

Es mag noch zum Teil unerforscht sein, doch schon jetzt steht fest, dass wir auch eine robuste Gesundheit, oder die Disposition zu bestimmten Krankheiten zu einem großen Teil den Genen verdanken. 

Worauf kannst du nun stolz sein?

Vor dem Hintergrund drängt sich natürlich die Frage auf, bis zu welchem Grad wir überhaupt Herren unseres Schicksals sind? 

Wer glaubt, er hätte sich seinen Erfolg hart erarbeitet, kann damit schon recht haben. Doch woher kommt dieser messerscharfe Verstand? Woher kommt diese eiserne Willenskraft? Woher die robuste Konstitution, die dich lange Nachtschichten und hektische Tage durchhalten ließ? Richtig: sie sind ein Geschenk deiner Vorfahren!

Ebenso wie deine Geisteshaltung, die Grundlagen deiner Kenntnisse und deine sozialen Umgangsformen. Die verdankst du deinen Eltern.

Den Gesamtrahmen deiner persönlichen Möglichkeiten verdankst du wiederum der, mehr oder weniger freien, modernen Gesellschaft, in der du lebst. 

Was bleibt dann noch als eigener Verdienst? Ihr ahnt es vielleicht schon: so ziemlich nichts!

Das wußte schon der alte Epiktet, als er sagte, dass Wohlstand, Ehre und Ämter nicht in unserer Macht liegen. Er hatte es immerhin vom Sklaven zum Inhaber einer angesehenen Philosophenschule gebracht. Jedoch auch nur, weil es seinem Herrn gefiel, ihn freizulassen!

Stolz ist doof

Es gibt nichts, worauf wir stolz sein könnten, denn wir haben ja einfach nur eine ganze Menge unverschämtes Glück gehabt. Bleibt bescheiden und hängt eure Erfolge nicht an die große Glocke. Wer bescheiden ist und immer etwas weniger zu sein scheint als er ist, spart sich viel Ärger. 

Den Ärger mit Neidern und Mißgünstigen und den Ärger mit dem eigenen Ego, das sich ständig bedroht sieht. 

Stolz ist nicht nur gänzlich unangebracht, sondern auch ein ernstes Hindernis auf dem Weg zu einem glücklichen Leben. Nicht umsonst gilt er den Christen als Todsünde und den Griechen als Torheit. 

„Dummheit und Stolz, wachsen auf dem gleichen Holz“ pflegte meine Oma zu sagen.

Sei einfach dankbar!

Vergiß nicht, dass alles was du hast und kannst, im Grunde das Ergebnis blinden Zufalls ist. Genieße, was du hast und sei dankbar dafür. 

Danke insbesondere deinen Eltern, denn sie haben dich auf vielfältige Weise zu dem gemacht, was du bist. Über die Jahre wirst du entdecken, wie viele Ähnlichkeiten du mit Mutter und Vater hast.

Manchen von uns fällt gerade das ziemlich schwer, denn es ist Mode geworden, den Eltern die Schuld an allen Missständen im Leben zu geben. Die ganze Psychobranche lebt davon. Doch, auch deine Eltern haben meist nur ihr Bestes getan, im Rahmen dessen, was sie von ihren eigenen Eltern mitbekommen haben. Auch die Kette von Fehlverhalten setzt sich fort.

Es ist daher befreiend, ihnen alles zu vergeben, was uns weh getan hat und dankbar für das zu sein, was uns im Leben hilft. 

Dankbare Menschen sind angenehme Zeitgenossen, denn sie strahlen ständig eine tiefe Freude über ihr Dasein aus. Das macht sie unwiderstehlich.

Wer dankbar ist, ist auch glücklich. Ein glücklicher Gewinner der Eizellen-Lotterie.

Benedikt Lechner

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