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Du musst mich nicht mögen!

Mal ganz ehrlich: Wie oft hast du schon etwas getan, was du gar nicht tun wolltest, oder etwas nicht ausgesprochen, was dir am Herzen lag? Nur um, “besser dazustehen”, die Gefühle anderer nicht zu verletzen, oder schlicht und einfach, um ein klein wenig Anerkennung zu erheischen? Jeder von uns tut das in mehr oder weniger starkem Ausmaß, denn wir wurde ganz gezielt dazu erzogen, uns so zu verhalten.

Es ist auch völlig in Ordnung, sich nicht immer durchsetzen zu wollen. Rechthaber und Egoisten sind nicht beliebt und das durchaus zu Recht. So einen Menschen hätte die Sippe in der Steinzeit verstoßen, ihn wortwörtlich in die Wüste geschickt, ins sichere Verderben. Unsere Angst, nicht akzeptiert zu werden, ist evolutionär begründet und sie dient der Selbsterhaltung. Eben deswegen ist es auch so schwer, sie loszuwerden, in Zeiten, in denen sie uns nur noch seelische Probleme bereitet. Das Bedürfnis nach Anerkennung ist längst zu einem Instrument der Unterdrückung geworden. Wer traut sich schon noch, anderer Meinung zu sein, wenn das, vermeintlich, gesellschaftlicher Ächtung gleichkommt?

Unsere Gesellschaft produziert Anpasser und Duckmäuser

Wir kommen ohne jede Lebenserfahrung auf die Welt und sind in allem erst einmal auf unsere Eltern angewiesen. Sie wussten, wo es lang geht (allzu oft auch nicht!) und wir haben sie dafür mit Fragen gelöchert. “Schau mal Mama, ist das richtig so?“ Die Frage nach der Zustimmung gehört genauso zum Lernprozess, wie deren Bestätigung, oder eben auch eine Ablehnung, wenn es doch mal nicht richtig war. Kein Ding, solange es sich auf die einzelne Sache bezieht, so lange wir solche Ablehnungen nicht persönlich nehmen. Dummerweise sind Eltern keine Coaches und wir haben wahrscheinlich allesamt mehr Ablehnung geerntet als Lob.

Und dann kam die Schule! Wir waren nicht mehr allein, sondern Teil einer Gemeinschaft von 30 verschüchterten kleinen Mäuschen und dort wurde uns alles ganz genau vorgeschrieben. Wie viele Hefte wir anzulegen hatten und wie viel Rand wir auf jeder Seite zu lassen hatten. Selbstverständlich durften wir uns nicht frei bewegen und mussten um Erlaubnis fragen, wenn wir aufs Klo gehen wollten. Wer in irgendeiner Weise auffiel, wurde zurechtgewiesen, wer zu oft zurechtgewiesen werden musste, galt als Außenseiter und wurde dafür auf dem Schulhof gemobbt. Von den eigenen Leidensgenossen.

Danach sind wir ausreichend vorbereitet auf den Ausbildungsplatz, oder die Universität. Dort setzt sich das Spiel fort. Es ist immer bequemer und sicherer, das zu tun, was andere von einem erwarten. Am Arbeitsplatz wiederholt sich das Schema. Schleimer und Jasager haben größere Chancen befördert zu werden, als Kreative und Querdenker.

Auf der ganzen Linie wird uns glauben gemacht, dass wir nicht über die nötigen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen, unseren eigenen Weg zu gehen. Der Staat übernimmt das für uns und schreibt uns bis ins Detail vor, was wir zu tun und zu lassen haben. Es ist sogar noch Pflicht, für den Empfang der täglichen Massenindoktrinierung zu bezahlen. Wer Zweifel anmeldet, oder abweichende Auffassungen vertritt, wird ausgegrenzt. Er bekommt nicht nur keine Anerkennung, sondern erfährt direkte Ablehnung. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Zweifel nicht eventuell doch angebracht sind.

Lerne zu denken, wie ein Politiker

Diese Sorte Mensch versteht es nicht nur hervorragend, Zustimmung zu erheischen. Sie hat auch nicht das geringste Problem damit, ihre erst kürzlich vertretenen Standpunkte komplett zu revidieren und das komplette Gegenteil zu behaupten. Sie tun es im Brustton der Überzeugung und dürfen zudem darauf vertrauen, dass sich nur noch wenige an ihr Geschwätz von gestern erinnern. Und selbst wenn, so wissen sie, dass es völlig ausreichend ist, etwa die Hälfte der Wähler hinter sich zu wissen. Ein Wahlergebnis von 54 Prozent erscheint uns heute als geradezu illusorischer Erdrutschsieg. Und doch bedeutet es auch, dass ganze 46 Prozent eben nicht mit dem Wahlprogramm einverstanden waren. Das nennt sich Demokratie.

Wenn du dieses Prinzip auf dein Leben anwendest, kannst du Missbilligung und fehlende Anerkennung in ganz neuem Licht sehen. Ist jemand anderer Ansicht als du, hast du es einfach mit einem Vertreter der anderen 50 Prozent zu tun, die diese Ansicht eben nicht teilt. Es ist nicht gegen dich persönlich gerichtet, sondern nur gegen deine Sicht der Dinge. Kein Drama.

Du musst nicht mehr in Verzweiflung versinken, wenn du Ablehnung erfährst, denn du wirst von anderen Menschen für die gleiche Haltung ein ebenso großes Maß an Zustimmung erfahren. Wenn du verstehst, dass du es lediglich der Hälfte der Menschen in deiner Umgebung recht machen solltest, bist du schon ein ganzes Stück weiter. Nur wenn du überwiegende Ablehnung erfährst, weil du beispielsweise Steinigung als Strafe bei Ehebruch für gerechtfertigt hältst, musst du vielleicht in dich gehen. Außer, du lebst in einem sehr traditionellen Umfeld mit Migrationshintergrund.

Erkenne die Fallen..

Nach Anerkennung zu heischen ist normal, denn Anerkennung tut einfach gut, weil sie dem Ego, diesem ach so zerbrechlichen Ding, schmeichelt. Das Ganze wird halt nur dann zum Problem, wenn du glaubst zu wenig davon zu bekommen. Beobachte dich selbst, ob du nicht in die eine oder andere dieser Verhaltensweisen verfällst.

  • Änderst du deinen Standpunkt, weil ein anderer Zeichen von Missbilligung zeigt?
  • Kleidest du Behauptungen in schöne Worte, um damit weniger Anstoß zu erregen?
  • Legst Du großen Wert auf die Gunst eines bestimmten Menschen?
  • Bist du beleidigt, wenn jemand andere Gefühle zum Ausdruck bringt?
  • Lässt du dich von einem Verkäufer so weit einschüchtern, dass du etwas kaufst was du gar nicht wolltest?
  • Hast du ein Problem damit, im Restaurant ein Essen zurückgehen zu lassen?
  • Entschuldigst du dich ständig für dein Verhalten, um andere dazu zu bringen, dass sie es akzeptieren?
  • Versuchst du anderen Leuten ungefragt mit Kenntnissen zu imponieren?
  • Tust du bewußt unangemessene Dinge? Sowas wie blau gefärbte Haare, Piercings und schlechte Tattoos? (Ja, laute Motorräder zählen auch dazu.)

Ich bekenne mich durchaus in einigen Punkten für schuldig. Immer noch tappe ich in zwei dieser Fallen, wenn meine Aufmerksamkeit für das eigene Verhalten nachlässt. Bewußtes Handeln ist der Schlüssel zu einer selbst verwirklichten Persönlichkeit, doch es ist halt auch verdammt anstrengend. Die Belohnung dafür ist, dass du weniger leiden musst und irgendwann ein zufriedener Mensch wirst.

Warum sabotieren wir uns selbst?

So paradox es klingt, scheint diese Art selbstschädigenden Verhaltens das Leben einfacher zu machen:

Wenn ich mich verletzt, oder deprimiert fühle, weil andere mir nicht zustimmen, kann ich IHNEN die Schuld daran geben. SIE sind für meine Gefühle verantwortlich. So lange die Verantwortlichkeit jedoch bei anderen liegt, muss ich mich nicht selbst ändern. Das Festhalten an der Suche nach Bestätigung durch andere, erspart es mir, eigene, riskante Wege auszuprobieren. Mein daraus resultierendes kärgliches Selbstbild ermutigt mich zu Passivität und Selbstmitleid. Ich kann meine gesamten negativen Gefühle anderen Menschen zur Last legen und habe für alles, was mir im Leben nicht gefällt einen Sündenbock.

Wenn ich mich auf diese Weise reibungslos in den gesellschaftlichen und kulturellen Rahmen einfüge, der solchem Verhalten Beifall spendet, gewinne ich die Gunst der Mehrheit und fühle mich endlich am richtigen Platz.

Hältst du das für übertrieben? Dann sieh dir bitte die gegenwärtige politische korrekte Gesellschaft an und erkenne das allgegenwärtige Heischen nach Aufmerksamkeit. Jede, noch so abstruse Minderheit schreit danach wahrgenommen zu werden und schiebt jedes ihrer vielen Problemchen allein darauf, eben jener Minderheit anzugehören. Die Mehrheit wiederum schweigt dazu, wenn auch in weiten Teilen durchaus angewidert. Denn wer gegen den unausgesprochenen Konsens von Diversität und Solidarität verstößt, riskiert es als “Rechter“, oder “Querdenker“ stigmatisiert und sozial ausgegrenzt zu werden. Er wird zu einer modernen Version des Ketzers und Antichristen.

Paradox: Wer keine Zustimmung mehr sucht, findet sie!

Habt ihr mich erkannt? Der Kerl auf der Harley bin ich, vor rund 20 Jahren. Nach einem halben Leben ebenso aufopferungsvoller wie vergeblicher Suche nach Anerkennung hatte ich damals beschlossen darauf zu pfeifen. Wenn ich es sowieso niemandem recht machen kann, lasse ich es eben und lebe endlich so, wie es mir passt.

Es war ein radikaler Wandel. Ich habe nicht nur meine Familie verlassen, sondern auch das Land, mein gesamtes Umfeld und meinen ganzen Besitz. Es war eine große Befreiung und es geschah obendrein etwas völlig Unerwartetes. Hatte ich bisher vergeblich um die Bestätigung durch mein Umfeld gekämpft, fand ich sie plötzlich in meinem neuen Umfeld. Denn ich habe mich nicht darum bemüht, sondern einfach mein Leben genossen, ohne große Fragen zu stellen. Ich habe meine Auffassungen vertreten und dabei wahrlich kein Blatt vor den Mund genommen. Wenn mir etwas nicht gepasst hat, habe ich auch das zum Ausdruck gebracht. Notfalls auch mal etwas lauter. Es gab trotzdem kaum jemanden, der mich nicht leiden konnte, ich habe weit mehr als 50% Prozent Zustimmung gefunden. Erdrutschsieg!

Inzwischen bin ich leiser geworden, auch die Lederjacke und die laute Harley habe ich vor Jahren verkauft. Meine Beziehung zu meinen Kindern ist entspannt, der Alte macht sein Ding und lässt sie machen. Ich lebe in einer glücklichen Beziehung mit einer liebevollen Frau und mein Freundeskreis ist nicht nur größer denn je zuvor, sondern besteht aus ganz vielen interessanten und spannenden Menschen.

Wahrscheinlich gerade deswegen, weil ich noch immer kein Blatt vor den Mund nehme und gegen den heuchlerischen Unsinn unserer Tage anschreibe. Was die Heuchler dazu sagen, interessiert mich nicht.

Hast auch du Lust auf mehr Freiheit?

Du musst es nicht so radikal angehen wie ich. Es genügt, die vielen kleinen Fallen im Alltag zu erkennen und einfach nicht mehr darauf hereinzufallen. Freundlich aber bestimmt, nein zu sagen. Das werden viele Mitmenschen frech finden. Genau darum geht es meiner “Frechheits- Beratung“. Ich erzähle Dir, wie Du zu mehr Selbstbestimmung finden kannst, ohne Deine Mitmenschen zu verletzen. Es ist eigentlich ganz einfach…

Benedikt Lechner

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